Krisenhelfer brauchen Unterstützung

EHRENAMT: Team für psychosoziale Notfallversorgung benötigt dringend Spenden für neues Fahrzeug

Rund 30 000 Euro kostet der Einsatzwagen. Zu viel für das Team aus Ehrenamtlern, das immer häufiger alarmiert wird.

2014 waren sie bereits 168-mal im Einsatz.

VON ANUSCHKA KRAMER

CLOPPENBURG — Das Blaulicht blinkt, während sich Sanitäter um einen Schwerverletzten kümmern, der den gerade geschehenen Autounfall nur knapp überlebt hat. Ob er es schaffen wird, ist ungewiss. In der Ferne kündigt Sirenengeheul ein weiteres Einsatzfahrzeug an. Überall herrscht konzentrierte Betriebsamkeit, es geht darum, Menschenleben zu retten sowie Gefahren zu bannen – und dazwischen stehen sie: unverletzte Kinder, Beifahrer oder auch Autofahrer, die mit dem Schrecken davongekommen sind. Ein Schrecken, der einem jedoch den Boden unter den Füßen wegziehen kann. Ihrer Seele zu helfen, ist die Aufgabe des Teams der Psychosozialen Notfallversorgung (PSNV).

Derzeit gehören 54 geschulte Frauen und Männer zu der Gruppe. Sie kümmern sich ehrenamtlich um Eltern, deren kleine Tochter im Badesee ertrunken ist. Sie stehen Autofahrern bei, denen ein Kind vor den Wagen gelaufen ist, betreuen Angehörige nach einem plötzlichen Todesfall, Opfer von Gewalttaten, Augenzeugen von Unfällen, Unfallopfer und Einsatzkräfte. Darüber hinaus begleiten sie Polizisten bei der Überbringung von Todesnachrichten, stehen Familien bei Suiziden, Tötungsdelikten oder auch einem plötzlichen Kindstod zur Seite.

Gegründet wurde die Gruppe vor knapp 15 Jahren, mitgetragen und initiiert von DRK, evangelischer und katholischer Kirche. Gearbeitet wird im Schichtwechsel in drei Teams, 365 Tage im Jahr, rund um die Uhr. Die Alarmierung erfolgt über die Leitstelle in Oldenburg oder auch über die Polizei direkt.

Werden die Ehrenamtler zum Einsatz gerufen, bieten sie den Menschen Unterstützung in den ersten Stunden bei der Realisierung und Verarbeitung der Geschehnisse an, aktivieren soziale Netzwerke und vermitteln weiterführende Hilfsangebote. Ziel ist es, das Risiko von langfristigen seelischen Schäden, wie der posttraumatischen Belastungsstörung zu verhindern.

Die Einsatzzeiten für die Kräfte variieren. Bei Unfällen oder Suiziden etwa müssen sechs bis sieben Stunden aufgebracht werden. 2010 waren die Helfer 135-mal im Einsatz, 2011 wurden sie 148-mal alarmiert, 2012 bereits 153-mal. 2014 mussten die Ehrenamtler schon zu 168 Einsätzen

— und das Jahr hat noch etliche Tage. Was noch kommt, kann keiner abschätzen.

Die Finanzierung der ehrenamtlichen Arbeit — Sprit, Materialien, Ausbildung — läuft ausschließlich über das Deutsche Rote Kreuz und Spenden. Das Geld ist knapp, was sich nun rächt, da die Helfer dringend einen neuen Einsatzwagen benötigen. Rund 30000 Euro kostet ein neuer Kleinbus. „Das ist nicht nur ein Transportmittel, sondern auch ein Schutzraum für die Menschen“, erläuterte Psychologe Ulrich Strickling.

Um das Geld zusammenzubekommen, hat das PSNV Team jetzt eine Spendenaktion ins Rollen gebracht. Das Startkapital kommt von der Bürgerstiftung Cloppenburg, die 5000 Euro beisteuerte. Die Stiftung hofft, dass Firmen, aber auch Privatpersonen ihrem Beispiel folgen.

@ notfallseelsorge-cloppenburg.de

 

FOTO: Unter anderem bei tödlichen Verkehrsunfällen leistet das Team für psychosoziale Notfallversorgung wertvollen Beistand.
Archivbild, Julian Statenschulte DPA