Artikel aus der Münsterländischen Tageszeitung vom 08.08.2018
Preis als Ansporn, Mut zu zeigen
Bürgerstiftung schreibt Vikar-Henn-Preis für Zivilcourage/Meldungen bis 1. Dezember.
Bis zum 1. Dezember können Vorschläge bei der Bürgerstiftung eingereicht werden. Die Preisverleihung findet am 110. Geburtstag von Ernst Henn statt.
Cloppenburg: „Wir wollen mit dem Preis den Leuten unserer Region wieder Ansporn geben, Mut zu beweisen“, sagte gestern Hubert Breuer von der Bürgerstiftung Cloppenburg als er gemeinsam mit Werner Nilles, Landrat Johann Wimberg und Pfarrer Bernd Strickmann von der Pfarrgemeinde St. Andreas den Vikar-Henn-Preis vorstellte. Unter dem Titel „wageMut“ soll Zivilcourage geehrt werden. Mit dem Preis, der mit 2500 Euro dotiert ist, soll eine Person, eine Gruppe oder eine Institution ausgezeichnet werden, sie sich im Alltag mutig gegen Gewalt, Fremdenfeindlichkeit, Diskriminierung, Unterdrückung oder aber für Gerechtigkeit eingesetzt hat. Stifter des Preises ist die Bürgerstiftung Cloppenburg, die in Kooperation mit der Kirchengemeinde St. Andreas den Vikar-Henn-Preis für Zivilcourage auslobt. Und die Organisatoren stießen auf breite Unterstützung: Schirmherren des Projektes sind Weihbischof Wilfried Theising. Landrat Johann Wimberg und Cloppenburgs Bürgermeister Dr. Wolfgang Wiese. Unterstützt wird das Projekt auch vom Kompetenzzentrum für Lehrkräftefortbildung der Universität Vechta.
Vikar Henn, der Namensgeber des Preises, sei ein Vorbild an Zivilcourage und Mut gewesen, sagte Werner Nilles, der das Leben des Vikars, der in Cloppenburg, Dinklage und Löningen gewirkt hat (siehe „Fakten“), aufgearbeitet und in einem Buch beschrieben hat. Schon früh habe sich der junge Kaplan gegen das Nazi-Regime aufgelehnt und dessen Taten angeprangert. „Wo Unrecht ist, kann ich nicht schweigen“, hat er einmal gesagt. Oder: „Ich kann mich nicht vor der Wahrheit drücken, auch wenn sie mich das Leben kostet.“ Dass er sein Leben ließ, um Menschen zu retten, ist schon fast symbolisch für Vikar Henn. Beim Hissen der weißen Fahne am Löninger Krankenhaus trag ihn ein Geschoss. Diesen Mut beschrieb ein englischer Offizier später so: Wenn die weiße Fahne nicht gewesen wäre, hätten die Panzer noch einmal das Feuer eröffnet. Und die Folgen wären für Löningen und vor allem das Krankenhaus furchtbar geworden. Diesen Mut, Unrecht anzuprangern, wünsche man sich heute auch wieder, meinte Pfarrer Bernd Strickmann, „Rassismus ist heute in aller Munde, aber das spricht gegen das Evangelium“, sagte der Geistliche. Und er warnte vor „Trumpismus“, vor Leute, die Ihre Parolen immer nur hinausschreien, und Leuten, die ihnen bedingungslos nachlaufen. „Wir wollen vor allem jungen Leuten Mut machen, sich dagegen aufzulehnen.“, so Strickmann. Bis zum 1. Dezember können Vorschläge für den Vikar-Henn-Preis für Zivilcourage eingereicht werden. Entsprechende Formulare gibt es im Internet unter www.buergerstiftung-clp.de. Verliehen wird der Preis am 18. Februar 2019, dem 110. Geburtstag des Namensgebers.
Landrat Johann Wimberg zeigte sich gestern überzeugt davon, dass es in der Region Personen gibt, die für diesen Preis in Frage kommen. Anders als in anderen Gebieten Deutschlands habe es bei der Integration der Flüchtlinge auch keine Probleme, vor allem aber keine Anfeindungen gegen die Zugereisten gegeben. Mit der Auslobung des Preises soll auch ein beitrage gegen das Vergessen geleistet werden. So Soll das Unrecht, das Millionen Menschen in der Zeit des Nationalsozialismus widerfahren ist, in Erinnerung bleiben. Deshalb sollen vor allem auch Jugendliche angespornt werden, sich zu engagieren, sagte Hubert Breuer.
Fakten:
- Ernst Henn wurde am 18. Februar 1909 in Neunkirchen-Saargemünd geboren. 1920 wurde sein Vater nach Cloppenburg versetzt.
- 1927 bestand Henn am Realgymnasium Cloppenburg (heute CAG) das Abitur als Jahrgangsbester. Anschließend studierte er Theologie.
- Am 17. Dezember 1932 wurde er in Münster zum Priester geweiht. Am 25. Dezember 1932 feierte er seine Primiz in St. Andreas Cloppenburg. Hier hatte er auch seine erste Kaplans-Stelle.
- Schon früh legte er sich mit dem Nazi-Regime an. In seinen Predigten nahm er „zunächst raffiniert verschlüsselt, später auch deutlich anklagend“ Stellung.
- Nach der Reichspogromnacht, in der auch die Cloppenburger Synagoge zerstört wurde, prangerte der damals 29-jährige Kaplan in einer Predigt die Vorkommnisse so scharf an, dass er wenige Tage später verhaftet wurde. Wohl aus Furcht vor Widerstand aus der Bevölkerung wurde er einen Monat später wieder freigelassen, aber nach Dinklage versetzt.
- Am 11. April 1945 wurde er in Löningen beim Hissen einer weißen Fahne von einem Artilleriebeschuss getroffen und starb mit gerade mal 36 Jahren.