Vikar-Henn-Preis ermutigt zu Courage
Bürgerstiftung und Kirchengemeinde würdigen Eintreten gegen Gewalt und Herabsetzung
Cloppenburg(mt) Am 110. Jahrestag des Geburtstages von Ernst Henn wird in Cloppenburg zum ersten Mal der Vikar-Henn-Preis verliehen. Die Bürgerstiftung Cloppenburg und die katholische Kirchengemeinde St. Andreas würdigen damit den Widerstand des Geistlichen gegen den Nationalsozialismus und sein mutiges Eintreten für kranke und entrechtete Menschen als Beispiel für die heutige Zeit.
Die feierliche Preisverleihung findet am Montag, 18. Februar, um 17 Uhr im Kreishaus Cloppenburg an der Eschstraße 29 Statt. Mit dem neuen Preis wollen die Stifter künftig jedes Jahr eine Persönlichkeit, eine Gruppe oder Institution auszeichnen, die sich im Alltag mutig gegen Gewalt, Fremdenfeindlichkeit, Diskriminierung, Unterdrückung oder für Gerechtigkeit eingesetzt hat.
Andrea Rausch ist überzeugt von der Notwendigkeit einer solchen Ehrung. „Es ist toll, dass wir gemeinsam mit der Kirchengemeinde St. Andreas einen Preis ins Leben gerufen haben, der sich für Menschen einsetzt, die einen Vorbildcharakter haben“, meinte die Vorsitzende der Bürgerstiftung in einer Pressemitteilung, Denn es gehöre in vielen Momenten sehr viel Mut dazu, die Wahrheit auszusprechen. „Wir wollen mit diesem Preis eine Motivation dafür geben, dass es richtig ist, sich für Minderheiten einzusetzen“, betonte Rausch.
Der Namensgeber, Vikar Ernst Henn, ein Cloppenburger Bürger, bestand 1927 am staatlichen Realgymnasium Cloppenburg (heute Clemens-August-Gymnasium) mit Bravour das Abitur. Zu einem gefährlichen Höhepunkt seines Einsatzes für Gerechtigkeit und gegen Menschen verachtenden Machtmissbrauch wurde seine mutige Predigt nach der Reichspogromnacht 1938. Auch in Cloppenburg wurden die Synagoge abgebrannt und die jüdischen Mitbürger abgeführt. Henn gehörte deutschlandweit zu den ganz wenigen Priestern, die den Mut hatten, gegen diese Freveltaten? zu protestieren.
ZUR PERSON
Ernst Henn absolvierte im März 1927 als Jahrgangsbester das Abitur in Cloppenburg. Am 17. Dezember 1932 erhielt er die Priesterweihe im St.-Paulus-Dom zu Münster. Seine Primiz erfolgte am 25. Dezember 1932 in der St.-Andreas-Kirche in Cloppenburg.
Als Reaktion auf die Novemberpogrome 1938 klagte er in seiner Predigt in der St.-Josef-Kirche am 27. November 1938 die „gemeinen“ und
„niedrigen“ Verbrechen der Nationalsozialisten an. Er galt danach bei der NSDAP-Kreisleitung als „der Gefährlichste unter den Cloppenburger Geistlichen“, wurde verhört und gegen ihn wurde ein Strafverfahren eingeleitet.
Als Mahner für Recht und Gerechtigkeit fand sein Ausspruch „Ich kann mich nicht vor der Wahrheit drücken“ besonderen Widerhall.
Um ihm die Möglichkeit der Predigt zu nehmen, wurde er im Mai 1940 zur Wehrmacht einberufen. Er wurde Sanitäter im Deutsch-Sowjetischen Krieg, wo er erkrankte. Nach einem mehrmonatigen Lazarettaufenthalt trat er im November 1943 seinen Dienst als Vikar in der Pfarrgemeinde St. Vitus in Löningen an.
Am 11. April 1945 hisste er die Weiße Flagge, um die Stadt Löningen und vor allem das Krankenhaus Löningen vor Zerstörungen zu bewahren. Dabei wurde er von einer Panzergranate tödlich verwundet. Die Soldaten der Britischen Armee stellten daraufhin den Artilleriebeschuss ein. Henn rettete die Stadt vor dem Beschuss.