“Kossen ist eine Stimme unseres Gewissens”

Vikar-Henn-Preis: Prälat Peter Kossen geehrt
Seit 2013 prangert der Preisträger die Missstände vorwiegend in der Fleischbranche an. Mehr als 200 Gäste applaudierten minutenlang.
VON ANDREAS HEIDKAMP
Cloppenburg. Prälat Peter Kossen ist der erste Preisträger des von der Bürgerstiftung Cloppenburg in Zusammenarbeit mit der Katholischen Kirchengemeinde St. Andreas mit 2500 Euro dotierten „Vikar-Henn-Preises”. Im Kreishaus applaudierten mehr als 200 Gäste mehrere Minuten und unterstrichen damit, dass die neunköpfige Jury den richtigen Preisträger ermittelt hat.
Der Preis, benannt nach dem Nazi-Widerstandskämpfer Ernst Henn, ist bestimmt für Personen, die in besonderer Weise Zivilcourage bewiesen haben. „Ausgezeichnet werden herausragende Personen, Personengruppen oder Institutionen, die sich im Alltag mutig gegen Gewalt, gegen Rassismus, Diskriminierung und für Menschenwürde und Bewahrung der Schöpfung und Gerechtigkeit eingesetzt haben”, erklärte Theo Budde, stellvertretender Kuratoriumsvorsitzender der Bürgerstiftung. Eine neunköpfige unabhängige Jury hatte den Geistlichen aus insgesamt elf Vorschlägen ausgewählt.
Seit 2013 prangert Prälat Kossen die Missstände vorwiegend in der Fleischbranche an, spricht von moderner Sklaverei und bezieht dabei immer wieder klar Stellung zum Thema gerechte Entlohnung, menschenwürdige Unterbringung und Ausbeutung durch Subunternehmer. Ohne Rücksicht auf seine eigene Person habe sich Kossen mutig für die Belange von Arbeitsmigranten und Vertragsarbeiter eingesetzt, die unter den ausbeuterischen Begleiterscheinungen moderner Arbeitsmigration ausgenutzt werden.
ZITAT
„Ich kann Ihnen versprechen, dass ich auch zukünftig nicht schweigen werde”
Prälat Peter Kossen, Preisträger
Laudator Prof. Uwe Meiners beschrieb Prälat Kossen „als Stimme unseres Gewissens, gleichsam als nicht militante, aber wirkungsmächtige Speerspitze eines bürgerlichen Behauptungswillens, der dafür steht, dass die Menschen im Oldenburger Land sich nicht allein als stromlinienförmige Kopfnicker begreifen, sondern ihrem Anspruch als ethisch-moralische und humanistisch-christliche Instanz gerecht werden”.
Das habe Kossen aber nicht nur Beifallsstürme eingebracht, sondern auch Beschimpfungen wie Störenfried und Nestbeschmutzer von denjenigen, „die sich gestört fühlen, in ihrem ausgeklügelten System der Gewinnabschöpfung, auf der Basis von Nahrungs- und Lebensmittelproduktion, gesetzlich vielleicht legal, moralisch und ethisch indes mehr als bedenklich”, betonte Prof. Meiners. Nicht nur den Schwachen und Bedürftigen zur Seite stehen, sondern auch den vermeintlich Stärkeren und Mächtigen auf die Füße zu treten, sei die Form von Gerechtigkeit, für die sich Prälat Kossen einsetze.
FAKTEN
Die Mitglieder des Jurorenteams waren:
Ann-Sophie Bothe (Jugendparlament Cloppenburg). Pfarrer Bernd Strickmann (Katholische Kirchengemeinde St. Andreas).Dr. Martin Feltes (Katholische Akademie Stapelfeld). Stefan Schute (Heimatbund Oldenburger Münsterland).
Nikolaus Kokenge (stellv. für Schulen und Gymnasien). Hans-Jürgen Thurau (ehemaliger Polizeipräsident Oldb). Dr. Niels Logemann (Kompetenzzentrum der Lehrfortbildung Universität Vechta). Werner Nilles (Biograph von Vikar Ernst Henn).
Hubert Breuer (Bürgerstiftung Cloppenburg).

Nach Aussage von Schirmherr Landrat Johann Wimberg habe sich Vikar Ernst Henn vorbildlich und mutig gegen das Unrechtsregime der Nationalsozialisten gestellt. Es gelte aber nicht nur die Erinnerung an Henn und sein couragiertes Handeln aufrechtzuerhalten, sondern vor allem die unverändert notwendige Erinnerung an das schwärzeste Kapitel der jüngeren deutschen Geschichte lebendig zu halten. Gerade in der heutigen Zeit wo erneut rassistische Tendenzen in Politik und Gesellschaft wahrgenommen werden, setze der Vikar-Henn-Preis nach Aussage des Landrats ein Ausrufezeichen.Soziale Verantwortung für andere zu übernehmen sei nach Aussage von Cloppenburgs Bürgermeister Dr. Wolfgang Wiese vorbildlich und unverzichtbar für ein gutes Zusammenleben. Deutlich spürbar würden Respektlosigkeit, Feindseligkeit und Gewalt in unserer Gesellschaft immer weiter zunehmen. Es sei daher wichtig, dass Menschen aufeinander achtgeben, sich gegenseitig unterstützen und sich für ein würdevolles Miteinander einsetzen. Sich in Sachen Zivilcourage richtig zu verhalten, so Wiese weiter, sei daher nicht immer leicht. „Man möchte sich nicht ungefragt in die Angelegenheiten anderer einmischen.” Und man dürfe auch nicht vergessen: „Ein Einschreiten ist immer mit einem Risiko verbunden. Zivilcourage brauche also Mut und sei daher alles andere als selbstverständlich. Das gilt für Cloppenburg, aber das gilt auch für die ganze Welt”, so Dr. Wiese.

Preisgeld kommt Verein „Aktion Würde und Gerechtigkeit” zugute

„Wir sollten den Mut haben, heute für das Leben für die Schöpfung und für die Menschenwürde einzutreten. Und ich kann Ihnen versprechen, dass ich auch zukünftig nicht schweigen werde”, sagte der Preisträger abschließend in seinen Dankesworten. Das mit der Verleihung des Vikar-Henn-Preises verbundene Preisgeld kommt dem Verein „Aktion Würde und Gerechtigkeit” zugute.

 

BILD: Großer Moment: Prälat Peter Kossen (Bildmitte) ist erster Preisträger des Vikar-Henn-Preises. Zu den ersten Gratulanten zählten Theo Budde von der Cloppenburger Bürgerstiftung, Landrat Johann Wimberg, Laudator Prof. Uwe Meiners und Cloppenburgs Bürgermeister Dr. Wolfgang Wiese (von links).

 

FOTO: Andreas Heidkamp