Furchtloser Kritiker der Fleischindustrie
FEIERSTUNDE Prälat Peter Kossen mit erstem „Vikar-Henn-Preis“ geehrt – Mehr als 200 Gäste im Kreishaus
Der Preis ist nach dem Nazi-Widerstandskämpfer Ernst Henn benannt.
Initiator des neuen Preises ist Hubert Breuer von der Cloppenburger Bürgerstiftung
VON CARSTEN MENSING
Initiator des neuen Preises ist Hubert Breuer von der Cloppenburger Bürgerstiftung
VON CARSTEN MENSING
CLOPPENBURG – Prälat Peter Kossen (50), bis Anfang 2017 Vertreter des Weihbischofs in Vechta, ist am Montagabend bei einer Feierstunde im Kreishaus mit dem ersten „Vikar-Henn-Preis“ für Zivilcourage ausgezeichnet worden.
Dass die Jury mit ihrer Wahl offenbar richtig lag, dokumentierten mehr als 200 Gäste mit langanhaltendem Applaus. Stifter der mit 2500 Euro dotierten Ehrung ist die Bürgerstiftung Cloppenburg, die ln Kooperation mit der Kirchengemeinde St. Andreas den Preis ausgelobt hatte.
Prälat Kossen ist seit Jahren als furchtloser Kritiker der Fleischindustrie bekannt. Der katholische Sozialpfarrer wirkte lange im Offizialat Vechta, also mitten im Zentrum der deutschen Ernährungsindustrie.
2017 wechselte er als Pfarrer nach Lengerich (Westfalen).
Seit 2013 benennt der gebürtige Visbeker die Probleme immer wieder klar beim Namen: ,,Die Fleischindustrie behandelt Arbeitsmigranten wie Maschinen, die man bei externen Dienstleistern anmietet, benutzt und nach Verschleiß austauscht. Weil in der Regel ein Großteil der Arbeiter nicht beim Schlachthof angestellt ist, sondern bei einem Subunternehmer, brauchen sich die Unternehmer der Fleischindustrie bei dieser Form moderner Sklaverei gar nicht die Hände schmutzig zu machen“, heißt es beispielsweise in einem offenen Schreiben, das Kossen gemeinsam mit seinem Bruder dem Allgemeinmediziner Florian Kossen (Goldenstedt) verfasst hat und dab im August 2018 auch,in der NWZ veröffentlicht worden ist.
Die von Kossen beschriebene, moderne Sklaverei – so Laudator professor Dr. Uwe Meiners (bis 2018 Leiter des Museumsdorfs Cloppenburg) – gebe es überall auf diesem Erdball.
,,Und wer von außen mit dem medial-moralischen Zeigefinger auf das Oldenburger Münsterland weist, sollte bedenken, dass drei Finger auf ihn selbst deuten, dass die mitunter menschenunwürdig bis ausbeuterischen Begleiterscheinungen moderner Arbeitsmigration auch an anderen Orten“dieser Welt vorkommen – in Südtirol zum Beispiel.“ Dort würden sie aber weniger gravierend gedeutet, weil das pflücken von Apfeln in warmer Herbstsonne positiver wahrgenommen werde als das Zerlegen von getöteten Tieren in Schlachthäusern, deren Inneres“ die meisten von uns noch nicht einmal gesehen haben“.
Gleichwohl sei es gut und wichtig gewesen, meinte Meiners, dass Kossen mit seinem mutigen Eintreten für die Belange der Arbeitsmigrantenund Werkvertrassärbeiternicht alleine stehe.
„Zum einen sind es die Medien, die es dankenswerterweise für berichtenswert halten, dass ein Mensch der Region, ein Geistlicher aus unserem Umfeld, Missstände in dieser Region anprangert und damit an
unser aller Gewissen appelliert.“
Zum anderen setze die Bürgerstiftung ein Zeichen. Zugleich leiste der neue Preis für Zivilcourage auch einen Beitrag gegen das Vergessen und erinnere an das Unrecht, das Millionen Menschen während der Zeit des
Nationalsozialismus widerfahren sei, so Meiners.
Ernst Henn (1909 bis 1945),der dem Preis seinen Namen gibt, galt bei der NSDAP-Kreisleitung als „der Gefährlichste unter den Cloppenburger Geistlichen“. Der Einsatz des Kaplans, der von 1932 bis 1939 in Cloppenburg tätig war, für Gerechtigkeit und gegen menschenverachtenden Machtmissbrauch fand seinen Höhepunkt in seiner mutigen Predigt nach der Reichspogromnacht 1938.
Henn gehörte deutschlandweit zu den wenigen Priestern, die den Mut hatten, gegen diese Taten zu protestieren. Getötet wurde er indes von einer Panzergranate beim Hissen der weißen Fahne vor dem Hospital Löningen am 11. April 1945. Meiners: „Er bezahlte sein Eintreten für Gerechtigkeit und Menschlichkeit mit dem Leben.“
Die Jury (Besetzung siehe Extra-Kasten) habe – so Landrat Johann Wimberg (CDU) aus den elf zur Wahl stehenden Vorschlägen eine überzeugende Auswahl getroffen.
„Gerade in der heutilgen Zeit, wo wir erneut rassistische Tendenzen erleben, setzt dieser Preis ein Ausrufezeichen, sich daran zu erinnern, dass es immer wieder deutlichen
Einsatz für unsere Demokratie benötigt, denn sie ist keine Selbstverständlichkeit.“
In dieselbe Kerbe schlug auch Cloppenburgs Bürgermeister Dr. Wolfgang Wiese (CDU): Respektlosigkeit, Feindseligkeit und Gewalt nähmen in der Gesellschaft immer weiter zu. Sich in Sachen Zivilcourage richtig zu verhalten, so Wiese weiter, sei nicht immer leicht. „Man möchte sich nicht ungefragt in die Angelegenheiten anderer einmischen, und man darf auch nicht vergessen: Ein Einschreiten ist immer mit einem Risiko verbunden.“ Zivilcourage brauche also Mut und sei daher alles andere als selbstverständlich.
Dass die Jury mit ihrer Wahl offenbar richtig lag, dokumentierten mehr als 200 Gäste mit langanhaltendem Applaus. Stifter der mit 2500 Euro dotierten Ehrung ist die Bürgerstiftung Cloppenburg, die ln Kooperation mit der Kirchengemeinde St. Andreas den Preis ausgelobt hatte.
Prälat Kossen ist seit Jahren als furchtloser Kritiker der Fleischindustrie bekannt. Der katholische Sozialpfarrer wirkte lange im Offizialat Vechta, also mitten im Zentrum der deutschen Ernährungsindustrie.
2017 wechselte er als Pfarrer nach Lengerich (Westfalen).
Seit 2013 benennt der gebürtige Visbeker die Probleme immer wieder klar beim Namen: ,,Die Fleischindustrie behandelt Arbeitsmigranten wie Maschinen, die man bei externen Dienstleistern anmietet, benutzt und nach Verschleiß austauscht. Weil in der Regel ein Großteil der Arbeiter nicht beim Schlachthof angestellt ist, sondern bei einem Subunternehmer, brauchen sich die Unternehmer der Fleischindustrie bei dieser Form moderner Sklaverei gar nicht die Hände schmutzig zu machen“, heißt es beispielsweise in einem offenen Schreiben, das Kossen gemeinsam mit seinem Bruder dem Allgemeinmediziner Florian Kossen (Goldenstedt) verfasst hat und dab im August 2018 auch,in der NWZ veröffentlicht worden ist.
Die von Kossen beschriebene, moderne Sklaverei – so Laudator professor Dr. Uwe Meiners (bis 2018 Leiter des Museumsdorfs Cloppenburg) – gebe es überall auf diesem Erdball.
,,Und wer von außen mit dem medial-moralischen Zeigefinger auf das Oldenburger Münsterland weist, sollte bedenken, dass drei Finger auf ihn selbst deuten, dass die mitunter menschenunwürdig bis ausbeuterischen Begleiterscheinungen moderner Arbeitsmigration auch an anderen Orten“dieser Welt vorkommen – in Südtirol zum Beispiel.“ Dort würden sie aber weniger gravierend gedeutet, weil das pflücken von Apfeln in warmer Herbstsonne positiver wahrgenommen werde als das Zerlegen von getöteten Tieren in Schlachthäusern, deren Inneres“ die meisten von uns noch nicht einmal gesehen haben“.
Gleichwohl sei es gut und wichtig gewesen, meinte Meiners, dass Kossen mit seinem mutigen Eintreten für die Belange der Arbeitsmigrantenund Werkvertrassärbeiternicht alleine stehe.
„Zum einen sind es die Medien, die es dankenswerterweise für berichtenswert halten, dass ein Mensch der Region, ein Geistlicher aus unserem Umfeld, Missstände in dieser Region anprangert und damit an
unser aller Gewissen appelliert.“
Zum anderen setze die Bürgerstiftung ein Zeichen. Zugleich leiste der neue Preis für Zivilcourage auch einen Beitrag gegen das Vergessen und erinnere an das Unrecht, das Millionen Menschen während der Zeit des
Nationalsozialismus widerfahren sei, so Meiners.
Ernst Henn (1909 bis 1945),der dem Preis seinen Namen gibt, galt bei der NSDAP-Kreisleitung als „der Gefährlichste unter den Cloppenburger Geistlichen“. Der Einsatz des Kaplans, der von 1932 bis 1939 in Cloppenburg tätig war, für Gerechtigkeit und gegen menschenverachtenden Machtmissbrauch fand seinen Höhepunkt in seiner mutigen Predigt nach der Reichspogromnacht 1938.
Henn gehörte deutschlandweit zu den wenigen Priestern, die den Mut hatten, gegen diese Taten zu protestieren. Getötet wurde er indes von einer Panzergranate beim Hissen der weißen Fahne vor dem Hospital Löningen am 11. April 1945. Meiners: „Er bezahlte sein Eintreten für Gerechtigkeit und Menschlichkeit mit dem Leben.“
Die Jury (Besetzung siehe Extra-Kasten) habe – so Landrat Johann Wimberg (CDU) aus den elf zur Wahl stehenden Vorschlägen eine überzeugende Auswahl getroffen.
„Gerade in der heutilgen Zeit, wo wir erneut rassistische Tendenzen erleben, setzt dieser Preis ein Ausrufezeichen, sich daran zu erinnern, dass es immer wieder deutlichen
Einsatz für unsere Demokratie benötigt, denn sie ist keine Selbstverständlichkeit.“
In dieselbe Kerbe schlug auch Cloppenburgs Bürgermeister Dr. Wolfgang Wiese (CDU): Respektlosigkeit, Feindseligkeit und Gewalt nähmen in der Gesellschaft immer weiter zu. Sich in Sachen Zivilcourage richtig zu verhalten, so Wiese weiter, sei nicht immer leicht. „Man möchte sich nicht ungefragt in die Angelegenheiten anderer einmischen, und man darf auch nicht vergessen: Ein Einschreiten ist immer mit einem Risiko verbunden.“ Zivilcourage brauche also Mut und sei daher alles andere als selbstverständlich.
Die Jurymitglieder
Hubert Breuer (Initiator, Kuratorium Bürgerstiftung),
Annasophie Bothe (Jugendparlament Cloppenburg),
Dr. Martin Feltes (Katholische AkademiStapelfeld),
Klaus Kokenge (Liebfrauenschule Cloppenburg),
Dr. Niels Logemann (Kompetenzzentrum für Lehrkräftefortbildung der Universität Vechta),
Werner Nilles (Cloppenburger Biograf zum Wirken von Vikar Henn),
Stefan Schute (Präsident des Heimatbunds Oldenburger Münsterland),
Bernd Strickmann (Dechant der katholischen Kirchengemeinde St. Andreas) und
Hans-Jürgen Thurau (Polizeipräsident a,D.,
Bürgerstiftung Cloppenburg).
Hubert Breuer (Initiator, Kuratorium Bürgerstiftung),
Annasophie Bothe (Jugendparlament Cloppenburg),
Dr. Martin Feltes (Katholische AkademiStapelfeld),
Klaus Kokenge (Liebfrauenschule Cloppenburg),
Dr. Niels Logemann (Kompetenzzentrum für Lehrkräftefortbildung der Universität Vechta),
Werner Nilles (Cloppenburger Biograf zum Wirken von Vikar Henn),
Stefan Schute (Präsident des Heimatbunds Oldenburger Münsterland),
Bernd Strickmann (Dechant der katholischen Kirchengemeinde St. Andreas) und
Hans-Jürgen Thurau (Polizeipräsident a,D.,
Bürgerstiftung Cloppenburg).